Die individuelle Tee-Mischung
Was macht den genau passenden Tee aus? Warum bekommt nicht jede*r Patient*innen den gleichen Husten oder Blasen-Tee? An einigen Beispielen möchte ich aufzeigen, warum ein individueller Tee der beste Tee für dich ist.
Eine kleine Einführung ins Fach-Chinesisch
Die meisten meiner Patienten kennen das schon: die Heilkräuter werden bei mir nach chinesischen Kriterien betrachtet. Das bedeutet, dass ich sie nach bestimmten Wirkungen auswähle.
Zuerst kommt da die traditionelle Anwendung: viele unserer bekannten Heilpflanzen werden schon seit Jahrhunderten bei bestimmten Beschwerden eingesetzt und haben sich bewährt. Gerne greife ich auf traditionelles Wissen zurück und bin auch gar nicht erstaunt, dass sich Vieles davon heute mit intensiven Studien bestätigt.
Mein zweiter Blick gilt der chinesischen Betrachtung eines Heilkrauts. Vieles davon kann man mit einer feinen Wahrnehmung auch selbst herausfinden: Wirkt es im Körper warm oder kühl? Befeuchtet es den Mund oder trocknet es ihn? Wie wirkt es auf meine Stimmung? Kann ich dann besser oder schlechter auf Toilette? … Die chinesischen Kräuter sind mit solchen Betrachtungen schon sehr gut „erforscht“ und auch die westlichen, traditionell Europäischen Pflanzen kann man sehr gut mit dieser Betrachtungsweise verstehen.
Welche Kräuter passen nun in deinen Tee? Bevor wir da aussuchen können, müssen wir wissen, welche Ergebnisse wir mit Puls- und Zungen-Diagnose erhalten. Dann entscheidet es sich, ob dein Tee warm, neutral, kalt sein darf, in welchen Organ-Systemen er wir wirken soll usw. Eine kleine Auswahl an Beispielen, soll dies deutlich machen.
Kühl oder warm
Ob bestimmte Kräuter uns wärmen oder abkühlen hat nichts mit der Temperatur des Tees zu tun, sondern mit der Wirkung, die sie im Körper auslösen. So kann z.B. Pfeffer auch kalt genossen ganz schön einheizen und uns zum Schwitzen bringen.
In feineren Nuancen können wir alle Kräuter nach ihrem Temperatur-Verhalten einteilen. Die Temperatur kann für die Wirkung richtig wichtig sein. Betrachten wir einmal den Husten als Beispiel. Husten ist nicht gleich Husten – da wirst du mir Recht geben. Stell dir vor, du hast einen Husten mit Hitzegefühl, rotem Gesicht und Lust etwas Kaltes zu trinken. Die passende Heilpflanze darf also gerne etwas Kühlung bringen, wie z.B. der Spitzwegerich. Leidest du aber unter Husten mit ständigem Frösteln und dem Wunsch ganz viel heißen Tee zu trinken, darf es eine wärmende Pflanze sein, wie der zum Beispiel der Thymian.
Trocknend oder befeuchtend
Oft kann man die trocknende oder befeuchtende Wirkung gleich auf der Zunge spüren. Du kannst es bestimmt, wenn eine Scheibe Gurke gleich ein saftiges und frisch-feuchtes Gefühl auf der Zunge hinterlässt. Im Gegenteil dazu die Quitte: sie wirkt gleich trocknend und zusammenziehend (adstringierend in der Fachsprache). Auch die Kräuter können in feinen Nuancen oder recht kräftig trocknen bzw befeuchten. Der bei Husten allseits bekannte Efeu z.B. trocknet recht gut und eignet sich bei schleimigen Zuständen. Der Eibisch dagegen befeuchtet und hilft dann, wenn die Schleimhäute trocken und rau sind.
Die Wirkung auf die Organsysteme
In der Chinesischen Medizin kennen wir ganze Organsysteme. Dabei ist auch immer ein Organ im Spiel, dass wir aus der europäischen Medizin kennen, zum Beispiel die Lunge oder der Magen. Allerdings handelt es sich um erweiterte Begriffe, die eher Zusammenhänge darstellen (dazu an anderer Stelle mehr).
Alle Heilpflanzen haben ganz spezielle Wirkorte. Manche Pflanzen wärmen ein Organsystem, zwei oder drei. Manche Kräuter leiten auch aus, stärken Energien bestimmter Organe oder bewegen Energie, wenn Blockaden entstanden sind. Um auf das Beispiel Husten zurückzukommen, wir wollen natürlich eine Heilpflanze die in der Lunge wirkt. So kennen wir viele befeuchtende Pflanzen, doch nicht alle wirken auf die Lunge. Der Flohsamen befeuchtet auch, aber er tut dies vor allem im Darm, nicht in der Lunge.
Alle Wirkungen und Wirkorte der enthaltenen Pflanzen sollten zu dem gewünschten Effekt im Tee passen.
Von Kaisern, Ministern und Polizisten
Die bildhaften Bezeichnungen zeigen auf, welche Heilpflanze die stärkste erwünschte Wirkung vertritt. Sie ist der sogenannte Kaiser des Tees und dominiert ihn. Im Idealfall passt sie ganz hervorragend zu dem Patienten. Mehrere Minister-Kräuter unterstützen den Kaiser, indem sie ähnliche Wirkungen mit eventuellen Ergänzungen einbringen.
Um die starke Hauptwirkung ein wenig auszugleichen wird ein Polizei-Kraut hinzugefügt. Es bildet einen Gegenpol zu den Hauptwirkungen und gleicht aus, wenn der Tee sehr heiß, kalt, befeuchtend oder trocknend wirkt.
Nicht zuletzt muss auch immer wenigstens ein Heilkraut hinzugefügt werden, dass die ganze Mischung abrundet und verträglich macht. Denn was nicht gut verdaut werden kann, entfaltet auch keine gute Wirkung im Körper.
Die optimale Mischung – oder die Kunst des Tee-Rezeptierens
Die oben genannten Beispiele sind nicht vollständig und sollen nur einen kleinen Einblick geben. Wenn die Mischung der Kräuter stimmt, tritt Veränderung ein.
Beim Husten zum Beispiel sollte das recht schnell gehen, schon nach 1-3 Tagen darf sich etwas tun. Handelt es sich dagegen um eine langjährige chronische Erkrankung, zum Beispiel Erschöpfung, kann es schon mal etwas länger dauern und man darf im wahrsten Sinn des Wortes ein wenig länger abwarten und Tee trinken.
Regelmäßig sollte die Tee-Mischung angepasst werden. Um auf das Beispiel des Hustens zurückzukommen, ist es sinnvoll den Tee zu wechseln, wenn das Hitzegefühl verschwunden ist, wenn der Husten nicht mehr schleimig ist usw.
Deshalb sind mir Rückmeldungen zum Tee auch sehr wichtig.
Es macht mich glücklich, dass viele meiner Patientinnen* und Patienten die Tee-Mischungen gerne annehmen und sehr zu schätzen wissen. Gerade für die Zeit zwischen der Akupunktur haben sie so etwas an der Hand, die Wirkung zu halten, zu verbessern und sich ganz einfach besser zu fühlen.
Als Therapeutin sind die Tee-Mischungen für mich eine Schatztruhe! In der Frauenheilkunde, bei Schmerzen, für besseren Schlaf, zur Entgiftung, bei vielen chronischen Krankheiten … ich möchte nicht mehr darauf verzichten müssen!
Wenn du mehr zum Thema Heil-Tee wissen möchtest oder den passenden Tee für dich suchst, kannst du mir gerne über die Kontakt-Seite schreiben!